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Donnerstag, 5. September 2024

Die Vielfalt des Lebens kann man nicht sehen




Hans-Georg Gadamer war einer der prominentesten deutschen Philosophen des 20. Jahrhunderts. Er gilt als Begründer einer universalen Hermeneutik, die sich in der Nachfolge Heideggers aus der Kritik am Methodologismus der traditionellen Hermeneutik von Friedrich Schleiermacher und Wilhelm Dilthey entwickelt.


Für Gadamer ist jegliches Verstehen, gleichgültig, ob es sich um Texte, Kunst- und Bauwerke oder das Gegenüber in einem Gespräch handelt, an die Sprachlichkeit des Seins vor dem Horizont der Zeit gebunden. Dies setzt beim Interpretieren von Werken Offenheit, das Bewusstmachen der eigenen Vorurteilsstruktur sowie die Bereitschaft zum Gespräch bzw. zu reflexivem Auseinandersetzen voraus. 

Gadamer ging es jedoch nicht darum, eine Methode der Hermeneutik auszuarbeiten, sondern darum, zu beschreiben, wie Verstehen „immer geschieht“(WM II 394). Verstehen ist für Gadamer nicht eine Erkenntnisart unter anderen, sondern verstehen ist universal. Hierbei knüpft er an Heidegger an, der über das Subjekt („Dasein“) schreibt, dass dieses allein in der Weise in der Welt ist, „dass es je verstanden, bzw. nicht verstanden hat“. 

Das Sein des Menschen ist es also, sich in der Welt orientierend zu verstehen. Gadamer knüpft hieran ausdrücklich an und versucht, die hieraus folgenden Konsequenzen für die Geisteswissenschaften darzulegen. Seine Kritik am Selbstverständnis der Geisteswissenschaften liegt folglich darin, dass aller Methodik immer schon unüberholbar Verstehen vorausgeht. Das Vertrauen auf die Methode überspielt lediglich die unüberholbare Vorurteilsstruktur, an die der Mensch in seiner Geschichtlichkeit gebunden bleibt.


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