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Donnerstag, 10. November 2016

Vergib uns unsere Schuld - der Schuldenschnitt



Schuld wird der folgend beschriebene Zustand genannt: wenn jemand für einen Verstoß gegen eine durch sittliche, ethisch-moralische oder gesetzliche Wertvorstellung gesetzte Norm verantwortlich ist. 

Beispielsweise kann dies der absichtliche Verstoß gegen ein Verbot (zum Beispiel Diebstahl) oder auch der fahrlässige Verstoß gegen ein Verbot (zum Beispiel Fahrlässige Tötung) sein. In der Regel wird davon ausgegangen, dass nur eine einzelne Person für ihre Schuld einzustehen hat und ihr die Schuld anderer nicht zurechenbar ist. So werden die Vererbbarkeit von Schuld und das Einstehenmüssen einer Gruppe für die Schuld anderer (Kollektivschuld, Sippenhaft) häufig abgelehnt. Schuld ist demnach höchstpersönlich.

Als Voraussetzung für Schuld wird meist angenommen, dass der Schuldige die Wahlmöglichkeit hatte, die als schlecht definierte Tat zu unterlassen. In der Philosophie wird die Schuldfähigkeit deshalb oft auf die Willensfreiheit zurückgeführt. Nach der Theorie des Determinismus, welche bei rückschauender Betrachtung das Handeln des Menschen in anlage- und umweltbedingten Bestimmungskräften begründet sieht, ist in Ermangelung der Fähigkeit des Menschen, sich frei zwischen Gut und Böse zu entscheiden, dem Schuldprinzip der Boden entzogen. Über die philosophische Fragen, was genau unter einer „freien Entscheidung“ zu verstehen ist, und ob der Mensch – ausgehend von der jeweiligen Freiheitskonzeption – „frei“ ist, sind sich Philosophen und andere Wissenschaftler uneinig. Traditionell sah man den Determinismus als mit der Willensfreiheit unvereinbar an; heute gibt es jedoch in Anlehnung an David Hume deutlich mehr Kompatibilisten als Inkompatibilisten.
Relativ bekannte Kompatibilisten sind im deutschsprachigen Raum Peter Bieri und Michael Pauen, in den USA prominente Philosophen wie Harry Frankfurt, Daniel C. Dennett und Richard Rorty. Diese Philosophen halten die Zuschreibung von Verantwortung und Schuld in einer deterministischen Welt (und nur in einer deterministischen) für sinnvoll, ebenso wie die Bestrafung von Menschen, die sich nicht an die gesellschaftlichen moralischen Regeln halten.

Die Inkompatibilisten argumentieren, die deterministische Lehre bejahe zwar die Möglichkeit, Täter zur Verantwortung zu ziehen (dies lässt sich zum Beispiel auf einen Gesellschaftsvertrag gründen, der die Vereinbarung enthält, sich gegenseitig als frei und verantwortlich zu behandeln und behandeln zu lassen), sei aber mit der Willensfreiheit unvereinbar. Daher verneinen sie ein Recht der Gesellschaft auf Bestrafung (Übelzufügung) und halten nur eine Behandlung des Täters und eine Sicherung der Gesellschaft vor solchen Personen (zum Beispiel durch Sicherungshaft) für angebracht.

Vertreten werden der normative Schuldbegriff und der psychologische Schuldbegriff:
  • Dem normativen Schuldbegriff zufolge besteht Schuld in der Bewertung einer gewollten oder fahrlässigen unethischen Handlung. Die Wertung erfolgt anhand des Kriteriums der Vermeidbarkeit unethischen Verhaltens. Neben dem Konzept, dass Schuld Vorwerfbarkeit willentlichen Handelns sei, wird auch
  • der psychologische Schuldbegriff vertreten. Dieser sieht Schuld in der persönlichen Beziehung des Menschen zu seiner Handlung. Dem psychologischen Schuldbegriff zufolge orientiert sich Schuld an den Kategorien Kenntnis/Unkenntnis oder Wollen/Nichtwollen des ethisch missbilligten Verhaltens. Dieser Schuldbegriff ist nicht so subtil, weil er Überlegungen wie sittliche Reife, Einsichtsfähigkeit, die Motive für bestimmte Handlungen und ethische Dilemmata für die Bewertung von Schuld außer Betracht lässt.
Auch wenn man davon ausgeht, dass der Mensch wegen seiner Fähigkeit, sein Verhalten an den sozialethisch verpflichtenden Wertvorstellungen und Normen auszurichten, seinen Antrieben nicht wehrlos ausgeliefert ist, ist es oftmals schwierig zu entscheiden, wer an einer Handlung schuld ist. Legt man den normativen Schuldbegriff zugrunde, ist in Betracht zu ziehen, ob:
  • der Mensch die sittliche Reife oder eine anderweitige Befähigung besitzt (zum Beispiel keine Bewusstseinstrübung), die erforderlich ist, um seine Pflicht zu erkennen und nach dieser Einsicht zu handeln;
  • ein ethisch missbilligtes Verhalten einer ethisch tadelnswerten Gesinnung entspringt. Um festzustellen, welche Gesinnung aus der Handlung spricht, kann berücksichtigt werden:
    • die Schwere der ethischen Pflichtverletzung als ein Maß für den Gesinnungsunwert;
    • ethische Gleichgültigkeit oder gar Feindschaft gegenüber ethischem Verhalten, Böswilligkeit und Rücksichtslosigkeit; andererseits ist dabei zu überlegen, ob und wann die irrige Annahme von Umständen, die grundsätzlich missbilligtes Verhalten ausnahmsweise auszuführen gestatten würde, den Gesinnungsunwert entfallen lässt;
    • eine außerordentliche Motivationslage, die zum Beispiel durch die konkrete gegenwärtige Gefährdung eigener wesentlicher Interessen (eigenes Leben, Gesundheit und Freiheit) oder wesentlicher Interessen nahestehender Personen oder infolge Verwirrung, Furcht oder Schrecken (asthenische Affekte) die Willensbildung gestört hat, sodass eine Entscheidung für das ethisch Gebotene nicht mehr zumutbar und damit unethisches Verhalten nicht mehr vorwerfbar ist;
  • zum Zeitpunkt der Handlung Kenntnis über ein Verbot vorhanden war, das Verbot für ungültig gehalten wurde oder der handelnde Mensch das Verbot derart falsch auslegte, dass er ein ethisch missbilligtes Verhalten als untadelig betrachtete (siehe auch Verbotsirrtum). Bei der Beurteilung der Schuld ist auch zu überlegen, ob dem handelnden Menschen fehlendes Unrechtsbewusstsein zugutekommen kann oder ob er vielmehr zur Erkennung des ethisch Gebotenen sein Gewissen nach Möglichkeit anspannen muss, um die Einsicht zu erlangen, Unrecht zu tun;
  • sich das ethisch Gebotene wegen eines ethischen Dilemmas nicht ermitteln lässt.
Allgemein existiert die Vorstellung, dass ein Ausgleich der Schuld erreicht werden könne, indem der Schuldige Buße bzw. Sühne tut, Wiedergutmachung leistet, die Untat des Schuldigen gerächt wird (Vergeltung) oder dem Schuldigen die Schuld vergeben wird. In vielen Gesellschaften ist das Talion-Prinzip noch lebendig. Nach der Sühne, Wiedergutmachung, Vergeltung oder Vergebung ist die Schuld dann erloschen.

Hat ein Mensch keine Schuld an einem Vergehen, so ist er unschuldig bzw. in juristischer Diktion ‚schuldlos‘.

Ein Sonderproblem ist der Überzeugungstäter. Es ist fraglich, ob ethische Pflichten, welche nicht auch aus der Neigung des jeweiligen Menschen befolgt werden, also im Gewissen desselben angelegt sind (Gewissenspflichten), überhaupt letztverbindlich sein können. konfligieren die Überzeugungen des Täters und die durch die Gemeinschaft definierten ethischen Pflichten, ist das Problem der Letztverbindlichkeit auch vor dem Hintergrund der Gewissensfreiheit zu betrachten.

Auszug aus Wikipedia

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