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Donnerstag, 27. Juni 2019

Nun danket alle Gott



Der Text Nun danket alle Gott erschien erstmals 1636 in Rinckarts Jesu Hertz-Büchlein, wo er unter der Rubrik „Tisch-Gebetlein“ aufgeführt ist. Die Melodie wird von einigen Hymnologen ebenfalls Rinckart zugeschrieben, von anderen Johann Crüger, in dessen Gesangbuch Praxis pietatis melica von 1647 sie erstmals veröffentlicht ist. Die drei Strophen wurden zu dieser Zeit entweder selbständig als Tischgebet oder zusammen mit der Melodie als „Lied zu Tisch“ vorgetragen. Eine traditionell oft vermutete Verbindung zum hundertjährigen Jubiläum der Confessio Augustana (1630) erschließt sich dagegen aus dem Text selbst nicht und gilt als historisch fragwürdig.

Gegen Ende des 17. Jahrhunderts gehörte das Lied bereits zum festen Bestand vieler bedeutender evangelischer Kirchengesangbücher in Deutschland. Berühmt wurde es im 18. Jahrhundert in Anlehnung an die Schlacht von Leuthen als „Choral von Leuthen“. In der Nähe des niederschlesischen Ortes Leuthen besiegte am 5. Dezember 1757 die preußische Armee unter Friedrich II. die Österreicher im Siebenjährigen Krieg. Am Abend nach der Schlacht sollen 25.000 Soldaten spontan das Lied angestimmt haben, das in der Folgezeit zunächst in Preußen, später in ganz Deutschland zu einer beliebten vaterländischen Hymne avancierte.
Eine ungewöhnliche und wesentlich ambivalentere Rolle spielt Nun danket alle Gott in Börries Freiherr von Münchhausens Ballade Der Todspieler von 1903, in der ein evangelischer Pastor auf tragische, unerklärliche Weise durch sein besonders inspiriertes Spiel des Chorals nach und nach den Tod seiner Frau und zweier seiner drei Söhne verschuldet.
Der Choral wurde auch 1955 im Lager Friedland nach Ankunft der offiziell letzten deutschen Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion, deren Heimkehr Bundeskanzler Konrad Adenauer erwirkt hatte, angestimmt.
Tyska kyrkan (Stockholm): 12 Uhr-Schlag und Glockenspiel „Nun danket alle Gott“

Das Lied erfuhr zahlreiche musikalische Bearbeitungen, unter anderem durch Johann Christoph Altnikol, Johann Pachelbel, Georg Philipp Telemann, Johann Sebastian Bach (BWV 79, 192, 252, 386, 657 sowie mehrere Fragmente), Felix Mendelssohn Bartholdy (Lobgesang), Franz Liszt, Max Reger und John Rutter (Now thank wo all our God, 1974). Es ist im Evangelischen Gesangbuch unter der Nummer 321 verzeichnet (EG 321). Im katholischen Gesangbuch Gotteslob ist es unter Nummer 405 (GL 405), im Mennonitischen Gesangbuch unter Nummer 53 (MG 53) und im Neuapostolischen Gesangbuch unter Nummer 256 (NG 256) zu finden. Durch Übersetzungen in viele Sprachen, beispielsweise durch Catherine Winkworth ins Englische, ist es auch über Deutschland hinaus verbreitet.

Das Lied besteht aus drei Strophen, der Text lautet:
Originaltext Heutige Textfassung
Nun dancket alle Gott
Mit Hertzen Mund vnd Händen
Der grosse Dinge thut
An vns vnd aller Enden
Der vns von Mutter Leib
Vnd Kindes Beinen an
Vnzehlig viel zu gut
Vnd noch j[e]tzund gethan.

Der ewig reiche Gott
Woll vns auff vnser Leben
Ein jmmer frölich Hertz
Vnd edlen Frieden geben:
Vnd vns in seiner Gnad
Erhalten fort vnd fort
Vnd uns aus aller Noth
Erlösen hier vnd dort.

Lob / Ehr v[n]d Preis sey Gott
Dem Vater vnd dem Sohne
Vnd dem der beyden gleich
Im höchsten Himmels Throne:
Dem dreymal einen Gott
Als Er vrsprünglich war
Vnd ist / vnd bleiben wird
Jetzund vnd jmmerdar.
Nun danket alle Gott
mit Herzen, Mund und Händen.
Der große Dinge tut
an uns und allen Enden,
Der uns von Mutterleib
und Kindesbeinen an
Unzählig viel zu gut
bis hierher hat getan.

Der ewig reiche Gott
woll uns in unserm Leben
Ein immer fröhlich Herz
und edlen Frieden geben
Und uns in seiner Gnad
erhalten fort und fort
Und uns aus aller Not
erlösen hier und dort.

Lob, Ehr und Preis sei Gott,
dem Vater und dem Sohne
Und Gott, dem Heilgen Geist
im höchsten Himmelsthrone,
ihm, dem dreieinen Gott,
wie es im Anfang war
Und ist und bleiben wird
so jetzt und immerdar.
Die Originalfassung Rinckarts wurde mit geringeren Abweichungen bis ins 20. Jahrhundert hinein gesungen und fand sich im bis 1993/96 verwendeten Evangelischen Kirchengesangbuch. Die heute gebräuchliche Fassung ist eine textlich modernisierte und in der dritten Strophe zudem vereinfachte Variante. 







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