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Freitag, 3. Mai 2024

Wie ist das mit dem Vergeben?


Vergebung (alternativ auch: Verzeihung) ist ein Schlüsselbegriff verschiedener Weltanschauungen, Weltreligionen und Philosophien. Er bezeichnet das Annehmen von bekundeter Reue sowie das Vergeben einer fremden SchuldEine besondere, offizielle bzw. juristische Art und Weise der Vergebung ist die Begnadigung (Gnadenbefugnis). Verwandte Begriffe zu Vergebung sind Entschuldigung und Versöhnung, in schwächerer Form auch Nachsicht.


Großmut als Fähigkeit und Bereitschaft zur Vergebung gilt seit der Antike als Tugend von Herrschern und wird heute als ein Merkmal fortgeschrittener Zivilisation angesehen. So gesehen war die Begrenzung der Rache oder Vergeltung – namentlich die Eindämmung der Blutrache durch das Prinzip Auge für Auge in der jüdischen Religion – ein Zivilisationsfortschritt.

Viele Verfassungs­ordnungen sehen die Möglichkeit der Begnadigung von Tätern vor. Diese gilt nicht als subjektives Recht des Täters, sondern als Privileg des Souveräns, etwa des Bundespräsidenten, der Gnade vor Recht ergehen lässt. Er hat die Gnadenbefugnis.

Anselm Grün beschreibt den Weg zur Vergebung als Distanzierung von den eigenen Emotionen. So unterscheidet er etwa zwischen schädlichem Zorn und heilsamer, vor seelischer Kränkung schützender Wut.
Von entscheidender Bedeutung im Prozess der Vergebung ist die Einsicht, dass das Nicht-Vergeben psychologisch negative Auswirkungen auf den Vergebungsunwilligen haben kann[8] und in den meisten Fällen auch hat: Das Offenhalten der Erinnerung, ja deren manchmal lustbetonte Ausschmückung, welche dann kaum mehr der Realität der ursprünglichen Kränkung entspricht, kann zu einer bleibenden Last für den Versöhnungsunwilligen werden und in eine Selbstschädigung für das Opfer umschlagen, die unter Umständen belastender wird als die ursprüngliche Kränkung selbst. Schon aus Selbstschutz ist daher die Vergebungsbereitschaft einer Verhärtung der Ablehnung des Täters vorzuziehen.

Vergebung bedeutet allerdings den Aufwand erhöhter psychischer Energie, da diese vorerst einmal gegen vordergründige eigene Intentionen (wie z. B. Bestrafung des Täters bis hin zur Rache) gerichtet sein muss. Vergebung ist umso schwieriger, je mehr die psychische Freiheit durch psychische Fesseln eingeschränkt ist. Diese Fesseln zu erkennen und zu lösen kann für den Betroffenen außerordentlich schwierig sein und erfordert unter Umständen die Hilfe nicht Betroffener (z. B. Freunde oder andere Nahestehende bzw. professionelle Hilfe).

Vergebung kann, aber muss nicht Vergessen bedeuten. Extreme Schädigungen, die schon aus historischen Gründen nicht vergessen werden sollen und können, können trotzdem vergeben werden. Dies erscheint wichtig zu wissen, da auch bei weniger extremen Schädigungen die Vorstellung, dass im Falle der Vergebung alles im Sinne von „unter den Tisch wischen“ vergessen werden muss, einer sinnvollen und beiden Teilen entlastenden Vergebung entgegensteht.

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