Zwinglis Reformation ging von anderen Voraussetzungen aus als Luthers und hatte bei vielen Gemeinsamkeiten auch deutliche Unterschiede zu dieser. Während Luther den Ablasshandel und andere Missstände in der Kirche, die seinem Verständnis der Bibel widersprachen, entfernen wollte, akzeptierte Zwingli in der Kirche nur das, was ausdrücklich in der Bibel stand. Von daher sind die reformierten Kirchen, noch ausgeprägter als die lutherischen, Kirchen des Wortes: kein Kirchenschmuck ausser Bibelsprüchen, sogar auf Musik im Gottesdienst musste verzichtet werden – obwohl Zwingli selbst sehr musikalisch war. Die Musik kam in die zwinglianischen Kirchen erst zurück, als sich von Straßburg aus Psalmen in deutscher Sprache verbreiteten.
Zwingli lebte als Eidgenosse in einem politischen System, das durch die Räte der Orte geprägt war. Vor diesem Hintergrund sprach er dem Großen Rat das Recht zu, «als Repräsentant der Kirchengemeinde zu entscheiden.» Heinrich Bullinger, Zwinglis Nachfolger in Zürich, bekräftigte diese Position, indem er dem «aus Christen zusammengesetzte[n] Rat der Stadt Zürich […] das Recht und die Pflicht» zusprach, «alle Angelegenheiten kirchlicher Lehre und kirchlichen Lebens zu regeln». Dieses Verhältnis von weltlicher Gemeinde und Kirche sollte zu einem erheblichen Unterschied zu Genf werden. Dort entwickelte Calvin aufgrund seiner Erfahrungen mit Konflikten zwischen Kirche und Obrigkeit in Frankreich und Genf die Idee einer Unabhängigkeit der Kirche von der staatlichen Herrschaft. Calvins Modell fand später die größere Rezeption, weil sie «der Verfolgungssituation reformierter Kirchen [besser] entsprach».
Zwingli hatte einen anderen biographischen Hintergrund als die anderen Reformatoren. Er stammte aus einer bäuerlichen Familie. Wie Melanchthon war er vom Humanismus geprägt worden. Doch während Luther Mönch und Theologieprofessor, Calvin Jurist und Melanchthon Griechisch-Professor war, hatte Zwingli bis zu seiner Zürcher Zeit immer als Seelsorger gearbeitet; und auch in Zürich wirkte er als Gemeindepfarrer.
Auswirkungen der Theologie Ulrich Zwinglis sind vor allem in der deutschsprachigen Schweiz sowie im Waadtland festzustellen. Der Erfolg der Reformation ist dabei nicht ohne weitere Persönlichkeiten wie Heinrich Bullinger, Zwinglis Nachfolger in Zürich, Johannes Oekolampad und Oswald Myconius in Basel, Berchtold Haller in Bern, Sebastian Hofmeister und Erasmus Ritter in Schaffhausen, Joachim Vadian und Johannes Kessler in St. Gallen und Johann Comander in Graubünden denkbar.
In Deutschland gehen nur die reformierten Kirchen in Bad Grönenbach, Herbishofen und Theinselberg direkt auf Zwinglis Wirken zurück. Die übrigen reformierten Kirchen sind – wie sich am Heidelberger Katechismus ablesen lässt – stärker von Calvins Denken beeinflusst.
Durch Zwingli und seine Mitarbeiter wurde das Schulwesen stark gefördert oder gar begründet. Mittelschulcharakter trugen die beiden Lateinschulen, das Collegium inferius des aufgehobenen Fraumünsterstiftes und das Collegium superius am Grossmünster. Hochschulcharakter erhielt das Collegium Carolinum, das die folgenden drei Jahrhunderte in hohem Ansehen stand. Anfangs bestanden vier Hauptordinariate, grosse Professuren, deren Inhaber Chorherren genannt wurden: für Theologie, Griechisch, Hebräisch und Philosophie. Daneben gab es kleinere Lehrstellen für juristische, medizinische und naturwissenschaftliche Fächer.
Als Schattenseite seines Wirkens wird oftmals Zwinglis Verhältnis zur Täuferbewegung angesehen. Auf Zwinglis Drängen liess der Rat von Zürich alle Täufer der Stadt entweder vertreiben oder nach Gefangennahme und Folterung in der Limmat ertränken. Eines der ersten Opfer unter den Schweizer Täufern war Felix Manz. Auch mit Balthasar Hubmaier, der im nahen vorderösterreichischen Waldshut wohnte, stand er auf schlechtem Fuss und wollte ihm kein Asyl geben, als dieser vor den Habsburgern flüchtete. Die Verfolgungen der Täufer hielten noch über Generationen an. Erst 2004 fand eine versöhnende Versammlung zwischen Zürcher Reformierten und Täufern statt.
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